Ersetzt man das Musiker-Motto „Sex, Drugs & Rock ’n’ Roll“ kurzerhand durch „Blitzschach, Fußball & Pokale“, dann war man Anfang Juni in Chemnitz der Glückseligkeit nah.
Am Samstag veranstaltete der SC Aufbau Chemnitz das längst zur Tradition gewordene Mannschaftsblitzschachturnier und am Sonntag obendrauf auch noch sein Schachballturnier (das mit der neunten Auflage 2006 auch bereits in die Kategorie „Kurzzeittradition“ gezählt werden darf). Bei beiden Konkurrenzen waren wir Titelverteidiger und hatten somit mit hohen Erwartungen die A4 gen Südwesten befahren.
Schachspieler sind faul, feige und bequem – hmm, das stimmt so nicht ganz. Denn dass sich zum Mannschaftsblitz diesmal nur acht Teams einfanden, hatte in nicht unwesentlichem Maß mit der gerade begonnenen Fußball-WM zu tun ... Sei es drum, an der Spitze war das Turnier nämlich trotzdem glänzend besetzt. Als unsere größten Konkurrenten schätzten wir USG Chemnitz, Hoyerswerda und Reichenbrand ein. Und auch Aufbau Chemnitz und Leipzig Südost hatten diverse Blitzschach-Koryphäen ans Brett gebracht.
Unser Start war ... desolat! Die Hinrunde (jeder gegen jeden, also sieben Runden) läuteten wir mit zwei 1:3-Niederlagen gegen Aufbau I und Reichenbrand ein. Danach konnten wir uns zum Glück stabilisieren und gaben nur noch gegen Hoyerswerda einen Mannschaftspunkt ab – der aufmerksame Leser wird feststellen: USG wurde BESIEGT, VERNICHTET, ZERTRÜMMERT. Und das, obwohl sie mit de la Cruz, Lorenz, Ketzscher und Sobeck sehr gut besetzt waren. Aber unsere Aufstellung mit Marcel Gehmlich, Jan Friedrich, meiner Wenigkeit, Neuzugang Mathias Pohl und Daniel Juhrs konnte sich auch sehen lassen.
Nach der Hinrunde notierten wir also bei 9:5 Zählern und hatten zumindest noch Anschluss an die Fleischtöpfe, die Reichenbrand und Hoyerswerda besetzten.
Details zur Rückrunde erspare ich mir an dieser Stelle aus zwei Gründen: Zum einen merke ich mein Alter auch langsam – das Gedächtnis lässt nach. Und zum anderen haben wir die mäßige 9:5-Ausgangsbasis durch Patzer gegen fast alle Topteams doch tatsächlich in eine 16:12-Blamage transformiert – wie bitter. Schließlich gewann Reichenbrand vor der USG, die sich zur Rückrunde mit Christian Steudtmann für Roland Ketzscher noch mal verstärkte. Mit einem Schlussrundensieg gegen ebendiese USG hätten wir dagegen selbst noch nach Silber greifen können – es war eng wie bei einer H&M-Rabattaktion. Leider blieb für uns am Ende kein Preisknüller übrig ...
Bester Scorer war Jan mit 10 aus 14 an Brett 2. Ähnlich punkteten auch Marcel und ich ... Mathias und Daniel hielten sich mit etwa 50 Prozent jedoch äußerst bedeckt. Außerdem fiel auf, dass wir unsere Punkte unclever verteilt hatten – zwar gelangen uns vier 4:0-Siege (und damit nach Chemnitzer Tradition zwei Freibierrunden), aber oft fehlte eben auch der wichtige halbe Zähler.
Der erste Titel war also bereits futsch. Ganz klar: Im Schachball galt es, sich zu rehabilitieren. Dummerweise standen die Vorzeichen dafür nicht gut, denn am Samstagabend erreichte mich ein Anruf von Marcel, der mit Fieber und diversen WC-Aktionen in Folge eines Virus zu kämpfen hatte. Details dazu erspare ich Ihnen und mir an dieser Stelle, aber es ist klar, dass das für uns einen herben Rückschlag bedeutete, da wir nun zu viert (statt mit fünf Mann) zum Schachball anreisten. Damit hätte das Unternehmen Titelverteidigung bereits ad acta gelegt werden können, wäre Reichenbrand nicht so sportlich fair gewesen und hätte uns einen ihrer sieben Spieler abgegeben. Danke noch einmal dafür an Reichenbrand!
Wir traten also mit unserer Leihgabe Alex Schulz (ehemals aktiver Fußballer ... kein schlechter Tausch für Marcel), Jan, Mathias, Daniel und mir an. Dabei sollten Alex und Mathias vorn für Betrieb sorgen, während Jan und Daniel die Betonabwehr stellen, die mir zwischen den Pfosten die Sicht verdeckt.
Bei sechs angereisten Teams spielte jeder gegen jeden. Unsere schärfsten Konkurrenten sollten dabei Reichenbrand (aus Schachgründen) und USG Chemnitz (aus Fußballgründen – diesmal aber ohne Christian Steudtmann ...) werden.
Runde eins brachte ein 3:1 gegen Gastgeber Aufbau im Schach und ein mageres 1:0 im Fußball ... andererseits war das ja vollkommen ausreichend – man fühlte sich an Griechenlands EM-Auftritt von 2004 erinnert.
In der zweiten Runde konnten wir gegen Görlitz im Schach zwar „nur“ mit 3:1 vorlegen, aber das 10:2 (!!!) im Fußball rückte alles mehr als gerade. Dabei entbrannte ein interner Torjägerkampf: Alex erzielte vier und Mathias fünf Tore ... das andere Tor schoss ... Na, wer meinen Sie? Falsch! Es war Jan. Unglaublich!!!
Runde drei sah mit Niederwiesa die erste Bewährungsprobe. Dem Standard-3:1 folgte ein gehaltvolles 2:2 im Fußball – wir lagen voll im Plan.
Das tat allerdings auch Reichenbrand, unser vierter Gegner. Hier kamen wir im Schach nicht über ein 2:2 hinaus, so dass die Entscheidung auf dem Platz fallen musste ... Oder auch nicht: Trotz kontrollierten Spiels und zwei, drei guter Möglichkeiten kamen wir nicht zu einem Tor – aber zu unserem Glück blieb auch Reichenbrand harmlos ... zumindest bis zur „neunzigsten Minute“, als ich einen Sonntagsschuss so eben noch an die Latte lenken konnte. Somit war das 0:0 amtlich und erneut wehte ein Hauch von „Rehakles“ über den Chemnitzer Sportplatz.
Für das letzte Match gegen USG war klar, schachlich vorlegen und fußballerisch überleben. Mit einer Niederlage wären USG und vermutlich auch Reichenbrand (die auch nur gegen uns einen Punkt abgegeben hatten) an uns vorbei gezogen. Bei einem Sieg wäre hingegen alles klar und wir könnten den Pokal wieder in die heimische Vitrine stellen.
Schachlich lief es äußerst dünn, denn uns gelang unter großem Aufwand lediglich ein 2,5:1,5-Sieg. Dieser Vorsprung wurde allerdings nach etwa 20 Sekunden auf dem Rasen von der USG humorlos egalisiert. Es begann ein zäher Kampf mit einigen Chancen auf beiden Seiten. Mathias gelang kurz vor der Pause der (zumindest bei uns) umjubelte 1:1-Ausgleich. Dummerweise hatte die USG an ihrer Überfalltaktik Gefallen gefunden und schenkte uns postwendend das 1:2 ein. In diesem Moment wären wir im Gesamtklassement zwar noch knapp vor der USG, aber Reichenbrand wäre der lachende Dritte (und damit: Erste!). Das konnten wir nach dem Samstag-Desaster natürlich nicht hinnehmen und so fasste sich Mathias eine Minute vor Schluss noch einmal ein Herz und er glich erneut aus – das 2:2 im Fußball bedeutete den knappen Matchsieg gegen die USG und damit .... den Titel SCHACHBALLMEISTER 2006!!! Jawoll, das Wochenende war gerettet!
Und auch der Preis konnte sich sehen lassen: neben dem seit 2004 langsam in Hainichen verstaubenden Pokal gab es fünf T-Shirts aus der Aufbau-Chemnitz-Kollektion ... die kommen sicherlich im Sachsenliga-Duell 2006/07 zum Einsatz ;o)
Wen übrigens das Erfolgsgeheimnis von Hainichen interessiert: seit einigen Jahren verstärken wir unser Sachsenliga-Team mit besseren ... FUßBALLERN. Nach Daniel, der vor drei Jahren zu uns stieß, ist unser aktueller Neuzugang Mathias Pohl ebenfalls nicht nur ein Figuren- sondern vor allem ein Ballvirtuose ...
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